Nach teilweise besseren Wirtschaftsdaten und dem Ausgang der US-Wahlen setzte sich an den Märkten gegen Ende 2024 wieder das Narrativ einer robusten US-Wirtschaft mit einem entsprechend geringeren Bedarf für weitere Lockerungen der Geldpolitik durch. Das brachte ein von viel Hin und Her im makroökonomischen Ausblick geprägtes Jahr zu einem interessanten Abschluss.
Zu Jahresbeginn preisten die Märkte viele Zinssenkungen in den USA und anderen Regionen ein. Diese Erwartungen wichen jedoch schon bald Befürchtungen über eine hartnäckig hohe und möglicherweise wieder anziehende Inflation, wodurch die Erwartungen an Zinssenkungen drastisch zurückgeschraubt wurden. Im dritten Quartal kam es dann zu Zinssenkungen, die nach Hinweisen auf eine Abschwächung am Arbeitsmarkt höher ausfielen, als von den Märkten einige Monate zuvor erwartet.
Der US-Exzeptionalismus ist weiterhin intakt - die Sonderstellung der USA scheint von den Märkten nicht angezweifelt zu werden. Unter der Oberfläche gibt es jedoch Strömungen, die Anleger im Blick haben sollten. So scheinen die Bewertungen der US-Aktien- und -Kreditmärkte überreizt.
Hohe Bewertungen alleine sprechen noch nicht für eine kurz bevorstehende Marktkorrektur. Sie implizieren jedoch eine geringere Kompensation für unvorhergesehene Risiken, und die Latte für negative Überraschungen, die Schockwellen durch die Märkte schicken könnten, liegt niedrig.
Bewertungskennzahlen sind nie perfekt und können häufig unterschiedlich interpretiert werden. Die verschiedenen Kennzahlen senden jedoch derzeit weitgehend übereinstimmende Signale aus.
Im Folgenden beleuchten wir mehrere Kennzahlen, die unsere Einschätzung stützen.
Der Tobins Quotient für die USA
Die US-Aktienmärkte zeigen derzeit ausgeprägte Anzeichen von Selbstgefälligkeit. So wird die Ausnahmestellung der USA dem allgemeinen Marktkonsens zufolge auf absehbare Zeit intakt bleiben.
Der Tobins Quotient (Tobin’s Q), eine Kennzahl für die Bewertung von US-Aktien, die den Marktwert eines Unternehmens ins Verhältnis zu den „Wiederbeschaffungskosten“ seines Anlagevermögens (abzüglich der Verbindlichkeiten) setzt, befindet sich derzeit auf einem Allzeithoch:
Der Buffet-Indikator
Auch der „Buffet-Indikator“, der die gesamte Marktkapitalisierung der USA ins Verhältnis zum US-BIP setzt, liegt nahe am Allzeithoch:
Erhöhtes KGV
Geläufigere Kurs-Gewinn-Verhältnisse erscheinen ebenfalls sehr hoch. Das gilt insbesondere für das zyklusbereinigte KGV (CAPE):
Interessanterweise erscheinen die Bewertungen selbst bereinigt um den aktuellen risikofreien Zinssatz bzw. die Rendite von Staatsanleihen überreizt, obwohl sie noch nicht das Niveau der Dotcom-Blase der späten 1990er und frühen 2000er Jahre erreicht haben.
Aktienrisikoprämie
Im Folgenden schlagen wir ein sehr rudimentäres Modell zur Berechnung der gerechtfertigten Aktienrisikoprämie (Equity Risk Premium, ERP) für den US-Markt vor (wobei sehr viel ausgefeiltere und genauere Modelle möglich sind):
Kreditrisikoprämien
An den Kreditmärkten sieht das Bild ähnlich aus: Auch hier sind die Risikoprämien deutlich gesunken. Im Folgenden berechnen wir die Bewertungsperzentile verschiedener Segmente der Kreditmärkte über die letzten 20 Jahre:
In einigen Marktsegmenten, wie bei Anleihen mit BB- oder B-Rating in den USA, sind die Risikoprämien wieder fast so eng wie vor der globalen Finanzkrise, sodass der Spielraum für eine weitere Spreadkompression inzwischen sehr begrenzt ist.
Die Credit Spreads sind eng
Auch innerhalb der Kreditmärkte erscheinen die Renditeabstände inzwischen sehr eng. So bieten die Spreads zwischen den Ratingklassen BBB und BB bzw. BB und B jetzt nur noch einen sehr begrenzten Mehrwert für Investoren, die bereit sind, sich auf der Ratingskala nach unten zu bewegen. In den USA haben sich die Spreads von CCC-Anleihen gegenüber BB-Anleihen zuletzt deutlich verengt. In Europa dagegen sind sie immer noch relativ weit, was auf einige idiosynkratische Schwächen von Emittenten mit großen Kapitalstrukturen und einer bedeutenden Gewichtung im CCC Index zurückzuführen ist.
BB-BBB Spreads
B-BB Spreads
CCC-B Spreads
Enge Risikoprämien sind kein Indikator für einen bevorstehenden Ausverkauf, signalisieren jedoch, dass das Potenzial für Überrenditen aus Risikoanlagen derzeit sehr begrenzt ist. Anders ausgedrückt spricht das aktuelle Marktumfeld für eine defensivere Ausrichtung von Portfolios in Vorbereitung auf eine potenziell höhere Volatilität.
Wertpotenzial bei Staatsanleihen
Daher müssen Asset Manager aktuell alle ihnen verfügbaren Hebel in Bewegung setzen, um ihr Risiko zu managen. Wir haben uns für das sich abzeichnende Szenario positioniert, indem wir u.a. die Spreadduration reduziert haben, uns auf der Ratingskala nach oben bewegt haben, unser zyklisches Exposure reduziert haben, bevorzugt in erstrangige, besicherte Anleihen investieren, Hedginginstrumente nutzen, um stärker auf Alpha als auf Beta zu setzen, und uns auf Refinanzierungstransaktionen und Take-Out-Finanzierungen konzentriert haben.
Unserer Ansicht nach spiegelt das aktuelle Bewertungsniveau an den Staatsanleihemärkten ein Goldlöckchen-Szenario wider, in dem die Wirtschaft weder heiß läuft noch zu stark abkühlt und die Unterstützung der Zentralbanken für die nächsten zwei Jahre nicht benötigt wird. Wie wir in anderen Berichten in jüngster Zeit bereits betont haben, sehen wir stellenweise Schwächen (am Arbeitsmarkt und beim Konsum), die auf Sicht der nächsten zwölf bis 18 Monaten eine schnellere Lockerung der Geldpolitik erforderlich machen könnten.
Vor diesem Hintergrund sehen wir weiterhin attraktive Anlagemöglichkeiten bei Staatsanleihen aus Industrieländern, insbesondere in den USA, Australien und Großbritannien, die Anlegern die unserer Ansicht nach besten risikobereinigten Renditen bieten können. Angesichts des überreizten Bewertungsniveaus verfolgen wir in Bezug auf unsere Kreditanlagen einen konservativeren Ansatz, als wir es generell tun.
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