Nach mehrmonatigen Analysen und Tests haben wir unseren Investmentprozess durch eine neue Komponente ergänzt, von der wir glauben, dass sie die Erträge aus der Branchenallokation erhöhen und zu einer besseren Diversifikation beitragen kann.

Grundlage dieser Weiterentwicklung sind umfassende Analysen von Daten über die Fondsströme („Fund Flows“) in globale Industriesektoren. Fondsströme sind die Ab- und Zuflüsse von Kapital aus und in verschiedene Aktien und Industriesektoren im Zuge der Vermögensaufteilung von Investmentfonds. Unter Branchen oder Industriesektoren verstehen wir die globalen GICS-Sektoren von MSCI: z. B. Fluggesellschaften, Banken, Elektrogeräte, Versicherungen, Software und Wasserversorger. Die MSCI GICS-Klassifizierung umfasst derzeit 74 Sektoren. Wir sind davon überzeugt, dass sorgfältige Analysen der Anlagegelder, die über Fonds in die einzelnen Industriesektoren fließen, bessere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Branchenallokation im Rahmen unseres Investmentprozesses schaffen.

Diese Weiterentwicklung unseres Investmentprozesses beruht auf einer einfachen Intuition: Wenn Fonds Anlagegelder in bestimmte Branchen lenken, sollte dies zu einem Anstieg der Kurse von Aktien in diesen Branchen führen. Unsere detaillierten empirischen Untersuchungen auf der Grundlage großer Datenmengen untermauern diese einfache Intuition. Nach umfassenden mehrmonatigen Analysen und erfolgreichen Tests nutzen wir das neue „Industry Flows“-Analysetool jetzt in allen von uns gemanagten systematischen Strategien – in unseren Long-Short-Strategien genauso wie in unseren Long-Only-Strategien und in allen Regionen.
Anlegerverhalten
Für wichtig halten wir Analysen der Fondsallokationen in verschiedene Branchen, weil Marktteilnehmer zu Herdenverhalten neigen. Anleger tendieren instinktiv dazu, das Verhalten anderer Marktteilnehmer nachzuahmen. In Situationen, in denen nicht genug oder keine eindeutigen Informationen verfügbar sind, ist die Annahme, dass die Konsensmeinung richtig ist, ein geläufiges psychologisches Phänomen. Einem bekannten Verhaltensökonom zufolge sind Menschen „predictably irrational“ – „vorhersehbar irrational“1. Verhaltensneigungen können zu anhaltenden Zuflüssen in Branchen führen, die gerade „angesagt“ sind. Wenn die Zuflüsse anhalten, kann dies – vor allem kurz- bis mittelfristig – prognostizierbare Auswirkungen auf die Aktienkurse haben.
Heat Map
Alpha aus der Branchenallokation
Es wäre möglich, einen systematischen Prozess zu steuern, indem man das Engagement auf Branchenebene neutralisiert und sich ganz auf das Engagement auf Einzeltitelebene konzentriert. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass die Branchenallokation eine Alphaquelle sein kann. Wir haben viele Jahre mit der Entwicklung und Anwendung von Signalen verbracht, die uns bei unserer Positionierung in Industriesektoren leiten. Unsere neue „Industry Flows“-Komponente verbessert unsere bestehenden Analysen und stellt eine wichtige Weiterentwicklung im Rahmen unseres langfristigen Researchprogramms dar. Sie erhöht insbesondere die Aussagekraft unserer kurzfristigeren Branchensignale für unser Aktienauswahl-Kriterium „Marktdynamik“ und ergänzt die bestehenden Signale für unsere Selektionskriterien „Stimmung“ und „Marktdynamik“. (Wir haben fünf Hauptkriterien für die Aktienauswahl: dynamische Bewertung, nachhaltiges Wachstum, Stimmung, Managementqualität und Marktdynamik.)

Wer mit unserem Prozess vertraut ist, wird wissen, dass unsere Überrenditen gegenüber der Benchmark in der Vergangenheit vor allem auf die Aktienselektion zurückzuführen waren und nur zu einem geringen Anteil auf die Branchenallokation.

Wir glauben, dass die neue „Industry Flows“-Komponente die Mehrerträge aus der Branchenallokation erhöhen kann, ohne den Performancebeitrag der Aktienauswahl zu mindern. Allerdings gehen wir davon aus, dass die Titelauswahl weiterhin den größten Anteil am Alpha unserer Strategien haben wird. Wir setzen bewusst auf die langfristig positive Wirkung schrittweiser, fundierter Optimierungen. In den vergangenen Monaten haben wir über zahlreiche Prozessverbesserungen berichtet, von denen „Industry Flows“ nur die neueste ist 2.
Dynamik und Fondsströme

Der generische Momentum-Faktor ist bereits eingehend untersucht worden und Thema zahlreicher bedeutender wissenschaftlicher Veröffentlichungen3. Seit vielen Jahren gibt es überzeugende Belege dafür, dass Aktien, die sich in der Vergangenheit gut entwickelt haben, eine deutliche Tendenz zu einer weiterhin überdurchschnittlichen Performance aufweisen. Dass sich der Momentum-Faktor trotz umfangreicher wissenschaftlicher Untersuchungen zu seinen Grundlagen hartnäckig gehalten hat, spricht gegen die Hypothese der effizienten Märkte, auf die viele passive Anleger setzen. Wir glauben, dass irrationales Anlegerverhalten zu Marktanomalien bzw. systematischen Verzerrungen führt, die durch sorgfältige Analysen identifiziert und ausgenutzt werden können, und dass ein aktives und systematisches Investmentmanagement zu besseren Ergebnissen führen kann. Wir setzen seit vielen Jahren ausgefeilte Methoden zur Nutzung des Momentum-Faktors im Rahmen unseres Marktdynamik-Kriteriums ein (die weit über eine einfache generische Form des Faktors hinausgehen).

Während der generische Momentum-Faktor bereits eingehend analysiert worden ist, halten wir das speziell auf Fondsströme zurückzuführende Momentum für einen bislang noch wenig beachteten Faktor. Ein Wissenschaftler, der auf diesem Gebiet Pionierarbeit geleistet hat, ist Dong Lou, Professor für Finanzen an der London School of Economics, der einen signifikanten Preisdruck-Effekt auf die Aktienrendite durch Fondsströme untersucht hat4. Professor Lou ist zudem wissenschaftlicher Berater des Jupiter Systematic Teams.

Wir sind davon überzeugt, dass unsere neue „Industry Flows“-Komponente über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Publikationen hinausgeht. Wir haben ihn durch empirische Untersuchungen von mehreren hundert Gigabyte an Daten entdeckt. Die in der akademischen Forschung verwendeten Daten zu Fondsströmen weisen typischerweise eine geringe Frequenz und lange Zeitverzögerungen auf. Dadurch verliert die Analyse an Schärfe. Wir konnten einen externen Datenanbieter identifizieren, der sowohl die Frequenz als auch die Zeitverzögerung dieser Daten verbessert. Man kann sich das vorstellen wie die Verwendung eines leistungsstärkeren Mikroskops, durch das mehr Details erkennbar sind.

Die „Industry Flows“-Komponente baut auf früheren Untersuchungen auf, in denen wir uns eingehend mit Fondsströmen beschäftigt haben. Ein Ergebnis dieser Untersuchungen war eine im November 2021 eingeführte neue „Fund Flows“-Komponente, durch die wir nützliche Informationen zu Einzeltiteln aus den Daten zu Fondsströmen extrahieren5. Die neueste Weiterentwicklung unterscheidet sich von dieser insofern, als sie den Fokus auf Informationen auf Ebene der globalen Industriesektoren legt. Das „Fund Flows“-Signal nutzt die Informationen, die wir aus den Daten zu Fondsströmen gezogen haben, als Grundlage für bessere Einschätzungen der künftigen Kursentwicklung einzelner Aktien, während das neue „Industry Flows“-Signal den Fokus auf die aggregierten Informationen für GICS-Gruppen legt und auch durch den Verzögerungseffekt (Lead-Lag-Effekt) innerhalb der einzelnen Gruppen verstärkt wird.

Wir berücksichtigen (im Rahmen unseres Aktienauswahl-Kriteriums „Stimmung“) seit vielen Jahren Signale, die auf dem Research von Analysten auf der Verkäuferseite basieren. Durch die 2021 eingeführte „Fund Flows“-Komponente und die neue „Industry Flows“-Komponente profitieren wir von zusätzlichen Signalen, die auf käuferseitigen Analysen basieren und uns so einen besseren Einblick in die Aktivitäten der Marktteilnehmer geben.

 

Im Mittelpunkt der Jupiter Systematic-Philosophie steht ein kontinuierliches und diszipliniertes Research, um eine kontinuierliche Optimierung unseres Investmentprozesses zu gewährleisten. In den vergangenen 18 Jahren hat diese Philosophie zu einer regelmäßigen Weiterentwicklung unseres Investmentprozesses und Verbesserungen der erwarteten risikobereinigten Renditen geführt. Derzeit laufen mehrere weitere spannende Researchprojekte, über die wir Sie zu gegebener Zeit gerne informieren werden.

Dan Ariely, Predictably Irrational: The Hidden Forces That Shape Our Decisions, 2008, HarperCollins.

2 Einen Überblick über unsere Verbesserungen der letzten Jahre finden Sie unter https://www.jupiteram.com/uk/en/professional/insights/gear-enhancing-our-investment-process/

3 Ein wegweisendes Papier ist  Jegadeesh, Narasimhan und Titman, Sheridan, Returns to Buying Winners and Selling Losers: Implications for Stock Market Efficiency (1993), The Journal of Finance, 48, 1, S. 65-91.

4 Lou, Dong, A flow-based explanation for return predictability (2012), Review of Financial Studies 25, S. 3457-3489.

5  https://www.jupiteram.com/uk/en/professional/insights/go-with-the-flo-a-new-alpha-model-factor/

The Value of Active Minds– unabhängige Denkansätze:

Ein wesentliches Merkmal des Investmentansatzes von Jupiter ist, dass wir unseren Fondsmanagern keine Hausmeinung aufdrücken, sondern ihnen die Freiheit geben, eigene Ansichten zu den Anlageklassen zu formulieren, auf die sie sich spezialisiert haben. Daher ist zu beachten, dass alle geäußerten Ansichten – einschließlich derjenigen, die sich auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Erwägungen beziehen – die des Autors/der Autoren sind und von den Ansichten anderer Jupiter-Anlageexperten abweichen können.

Wichtige Informationen:
Dieses Dokument richtet sich nur an professionelle Investoren und nicht an sonstige Personen. Dieses Dokument dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Anlageempfehlung dar. Markt- und Wechselkursschwankungen können dazu führen, dass der Wert von Anlagen steigt oder fällt, und es ist möglich, dass Sie bei der Rückgabe Ihrer Anteile nicht den vollen Anlagebetrag zurückerhalten. Die hier geäußerten Meinungen sind die der genannten Personen zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels. Sie stimmen nicht notwendigerweise mit den Meinungen von Jupiter insgesamt überein und können sich ändern. Das gilt insbesondere in Phasen, in denen sich das Marktumfeld sehr schnell verändert. Während alle Anstrengungen unternommen werden, um die Genauigkeit der dargestellten Informationen sicherzustellen, kann diesbezüglich keine Haftung übernommen werden. Die Beispiele für Positionen dienen nur zur Illustration und sind nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren zu verstehen. Herausgegeben im Vereinigten Königreich von Jupiter Asset Management Limited (JAM), eingetragener Gesellschaftssitz: The Zig Zag Building, 70 Victoria Street, London, SW1E 6SQ, Vereinigtes Königreich, zugelassen und beaufsichtigt durch die Financial Conduct Authority. Herausgegeben in der EU von Jupiter Asset Management International S.A. (JAMI), eingetragener Gesellschaftssitz: 5, Rue Heienhaff, Senningerberg L-1736, Luxemburg, die von der Commission de Surveillance du Secteur Financier zugelassen und beaufsichtigt wird. Kein Teil dieses Dokuments darf ohne vorherige Genehmigung von JAM/JAMI reproduziert werden.